Der deutsche Künstler Bodo Korsig – Enkaustik-Bilder
Von Bettina Freitag
Während die Gäste der Bar im 106. Stockwerk des World Trade Centers die Aussicht auf das nächtliche Manhattan geniessen, steht Bodo Korsig am Fenster, holt sein Organizer aus der Tasche und skizziert mit einem kleinen Plastikstift auf dem handgrossen Bildschirm, das was er sieht. Er sieht keine Lichter und Bruecken, keine stecknadelgrossen Autos, sondern er sieht die Welt in Formen und Umrissen, in Strukturen und Abstraktionen. Und am Ende sieht man auf der Schreibflaeche seines Mini-Computers zwei schwarz-straffierte Zinnen. Die Erinnerung an diesen Ausblick in wenigen Strichen konserviert, und vielleicht wird diese Form irgendwann mal in einem seiner Bilder oder Skulpturen wieder auftauchen.
In seinen Werken wird das Wesentliche in klaren Formen und in Schwarz-Weiß-Kontrasten reduziert. Auch an „Einzeller“, „Keime“ oder „ausgestreckte Tentakel“ erinnern, so Kritiker, die Formen in den Arbeiten des deutschen Bildhauers und Künstlers, der zwischen Trier und New York pendelt. „Das grosse Spiel des Lebens, gespiegelt in einzelnen Mikrokosmen“, so hat es der New Yorker Gallerist Garner Tullis beschrieben. Seit 1996 arbeitet Tullis, der sich hauptsächlich mit Drucktechniken befaßt, nun mit Bodo Korsig zusammen. In dieser Zeit hat Bodo Korsig auch an einer Reihe enkaustischer Zeichnungen, Reliefs und Zeichnungen gearbeitet. Dabei wird in mehreren Schichten heisses Wachs auf eine Platte aufgetragen, dann werden die oberen Schichten wieder zerkratzt, um die unteren sichtbar zu machen. So will er „mehr Transparenz“ in seine Arbeiten bringen. Diese „Encaustic Paintings“ wurden in diesem Jahr nicht nur in der Galerie von Tullis gezeigt, sondern sind zur Zeit auch in der „Gallery Bobbie Greenfield“ in Los Angeles zu sehen.
Die Formen vieler Wachszeichnungen erinnern wahrlich an Nervenzellen und Synapsen. Ebenso die Figuren, die er aus schwarzer Dachpappe ausgeschnitten hat und sich wie schwarze Spinnentiere von der weissen Wand seines Studios abheben. Die Thematik seiner Arbeiten geht oft in die psychische und psychologische Richtung: Schicksal, Erinnerung, Leidenschaft, Besessenheit oder auch Angst. „Das Gehirn ist wie ein gefährliches Tier. Wie kann es die Kontrolle in allen Situationen meistern“, fragt der 37jährige Deutsche, der eine künstlerische Brücke zur Wissenschaft schlägt. Im Regal seiner Werkstatt steht eine ganze Reihe psychologischer Fachliteratur. „Ich habe im Labor recherchiert, um zu sehen, was mit den Gehirnzellen in Stress-Situationen passiert“, so der ernsthafte Kuenstler, der zur Zeit selbst mehr als unter Stress steht. Der Terminkalender ist voll: Treffen mit Galleristen, Vorbereitungen für drei Shows in Deutschland, eine Ausstellung in Kopenhagen im kommenden Jahr, dann noch mehrere Projekte in New York. Unter anderem ist auch eine Ausstellung im Goethe-Institut in Planung.
Das helle Studio in der Greenwich Street in Tribeca, in dem Bodo Korsig das letzte halbe Jahr gearbeitet hat, gehört zu den Räumen des International Studio Program (ISP). Dieses Programm hat es sich zur Aufgabe gemacht, vielversprechende junge Künstler aus aller Welt bei ihren Projekten zu unterstützen. Das heisst, sie bekommen für mehrere Monate ein Studio zur Verfügung gestellt, sind an Open-Studio-Ausstellungen beteiligt und sie bekommen so besseren Kontakt zu der New Yorker Kunstszene. Als Sponsoren treten die verschiedenen Regierungen, Institute, Stiftungen und Gallerien auf. Für Bodo Korsig ist dies nicht die erste Untersützung. Seit Anfang der 90er Jahre hat er bereits Spuren in der Kunstwelt hinterlassen, nicht nur in Form von Preisen und fellowships, sondern auch als Dozent (Lecturer) an der „European Academy of Fine Art“ in Trier. Und es werden sicherlich noch in den kommenden Jahren mehr Spuren dazukommen.